Religionen in sozialökonomischer
Sicht
2 Bände, Hrsg, Dieter Fauth
Band I : Roland Geitmann, Sozialökonomische Weisheitsschätze der Religionen
Verlag Religion & Kultur, Zell a.Main 2016, 240 S., 20,00 €
Band II: Christoph Körner, Christliche Sozialökonomie
Verlag Religion & Kultur, Zell a.Main 2017, 234 S., 20,00 €
Beide Bände müssten zusammen in die Hand genommen
werden, denn die beiden Autoren verband ein gemeinsames Interesse das sich
bereits in den Titeln der Bücher ausdrückt.
Christoph Körner, ev. Theologe und Pfarrer in Mittweida und auch dort
Studentenpfarrer, gestaltete maßgeblich die Reformbewegungen der ausgehenden
DDR mit.
Roland Geitmann arbeitete u.a. als Oberbürgermeister in Schramberg im
Schwarzwald und später als Professor für Verwaltungsrecht an der
Fachhochschule Kehl.
Beide verband auch nach dem Fall der Mauer das Interesse, die Religionen daran
zu erinnern, über welch unerhörtes Potential sie verfügen, um dem immer mehr
außer Rand und Band geraten(d)en Kapitalismus Widerstand zu leisten. Sie
richten sich mit ihren Schriften und politischen Aktivitäten nicht allein an
die expliziten Mitglieder der verfassten Kirchen sondern an alle Menschen guten
Willens. Sie nehmen die Religionen im besten Sinne des Wortes "beim
Wort".
Körner und Geitman, (und natürlich auch der Herausgeber), stehen der von
Silvio Gesell herkommenden Denktradition der Freiwirtschaft nahe und sehen in
ihr einen mächtigen Anstoß, unser Gemeinwesen ökonomisch anders zu
organisieren. Als zentralen Kritikpunkt benennt die Freiwirtschaft die Praxis
des Zins-Nehmens und die vielfältigen sich daraus ergebenden Formen des
Wirtschaftens, vor allem den Umgang mit Besitz und Boden.
Körner geht in seinem Buch diesen Themen systematisch nach und zeigt die
negativen Konsequenzen unseres derzeitigen Wirtschaftens. Als ev. Theologe fragt
er nach, wo im Rahmen dieser Kritik der Ort der Kirche ist und welche
Auswirkungen dies u.U. bis hin in die politische Predigt haben könnte und müsste.
Geitmanns Buch könnte gewissermaßen als Lesebuch hinzugenommen werden. Der
Hrsg hat in unermüdlicher Kleinarbeit die im Laufe des langen Engagements von
Roland Geitmann entstandenen Zeitschriftenartikel zusammengetragen. Als
wachsamer Christ hatte dieser immer wieder das Wort ergriffen und auf die
entsprechenden Quellen der Religionen, des Judentums, des Christentums und später
auch des Islams verwiesen. Kirchliche Ereignisse wie das Jobeljahr 2000, die
Ev. Kirchentage und die Veröffentlichungen der päpstlichen Sozialenzykliken
boten solche Gelegenheiten zur Kritik. Und Immer wieder kann er auf
Johannes Paul II und erst recht auch den jetzigen Papst Franziskus auf Gewährsleute
verweisen.
Beide Bände gehören zur Pflichtlektüre derer, die in unserer Gesellschaft und
erst recht in den Kirchen die Kritik lebendig erhalten wollen, die in den
Religionen selbst vorhanden ist. Sie sind aber auch deswegen lesenswert, um
realistisch zu bleiben. Denn beide Autoren erinnern an gefährliche
Utopien.
Haltern am See, den 15.Februar 2017